Konflikte im Team gelten weithin als unerwünscht. Aber ist die Vorstellung von einem konfliktfreien Team realistisch oder überhaupt wünschenswert? In Projekt- und Arbeitsumgebungen gehören unserer Einschätzung nach fast überall Konflikte mehr oder weniger zum Alltag. Dabei müssen sie nicht zwangsläufig dazu führen, dass die Zusammenarbeit und der gemeinsame Arbeitserfolg unter ihnen leiden. Vielmehr kommt es darauf an, wie mit unterschiedlichen Meinungen, bestehenden Differenzen und Streitthemen umgegangen wird. Denn richtig genutzt bieten Konflikte für Team- und Projektprozesse wichtige Ansatzpunkte für permanente Korrektur-und Entwicklungsmöglichkeiten, von denen alle profitieren können.

Das „perfekte Team“

Eine optimale berufliche Zusammenarbeit wünschen sich alle: Mitarbeiter, Führungskräfte und die Unternehmensleitung. Ein „perfektes Team“ repräsentiert verlässliche und stabile Arbeitsproduktivität und verfügt über ein Arbeitsklima mit offener und lebendiger Kommunikation, guter Laune und hoher Motivation. Dazu bietet es viel Raum für Individualität und Flexibilität, um auch komplexen und sich dynamisch verändernden Projektaufgaben und Anforderungen schnell gerecht werden zu können.

Doch wie weit entspricht ein solches Idealbild der Realität im täglichen Berufsleben? Was benötigt ein Team für eine solch gute Zusammenarbeit? Und welchen Platz finden Konflikte im Team – sollten sie eher gemieden oder offen angesprochen werden? Bedeuten stetige Übereinstimmung und Harmonie die vielversprechendste Basis für den Erfolg? Oder können nicht insbesondere „die andere Meinung“, Konflikte und der gemeinsame Umgang mit ihnen von einem Team auch positiv und förderlich genutzt werden? Auf Basis unserer Beobachtungen der Arbeitsplatzumgebung sehen wir dazu im Rahmen unserer Konfliktberatung immer wieder viel Potenzial.

Die Chancen im Teamkonflikt – vier Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung

1) Vielfalt und Gemeinsamkeiten – die Stärken eines Teams

Die Verinnerlichung von gemeinsamen Zielsetzungen wird von Führungskräften häufig als eine der ersten Voraussetzungen genannt, um möglichst einvernehmlich und effektiv am „gleichen Strang“ ziehen zu können. Gleichzeitig liegt ein maßgebliches Potenzial des Teams aber in seiner sozialen Dynamik und dem Zusammenspiel aller unterschiedlichen Kompetenzen der Teammitglieder, und zwar sowohl in ihren beruflichen Rollen als auch in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen. Ein erfolgreiches Team ist deshalb das Ergebnis einer konstruktiven Auseinandersetzung mit der Vielfalt aller Teammitglieder.

Eine starke Ressource entsteht, wenn es gelingt, die unterschiedlichen persönlichen Stärken und Sichtweisen in einem Team wertzuschätzen und miteinander zu verbinden. Hierfür können sich für ein Team von Zeit zu Zeit Freiräume empfehlen. Sie ermöglichen Teammitgliedern, sich nicht nur mit den täglichen Aufgabenanforderungen und Routinen zu beschäftigen, sondern darüber hinaus auch mit sich selbst und der eigenen Kooperation, denn die Zeit für eine gemeinsame Reflexion über den Modus des Miteinanders bleibt leider häufig auf der Strecke. Dabei ist es für den Erfolg und die Anpassungsfähigkeit eines Teams von besonderer Bedeutung, wieviel Raum für direkte Kommunikation und Kritik – z.B. jenseits des üblichen, schnellen Emailverkehrs – besteht und wie gut es sich über die eigenen Stärken und Schwächen bewusst ist und diese kooperativ zu nutzen weiß.

Gemeinsame Teamreflexionen profitieren besonders von einer strukturierenden und fokussierenden Gesprächsführung. Besonders lohnenswert ist deshalb die Moderation durch einen erfahrenen Supervisor, der im Rahmen des lösungs- und ressourcenorientierten Verfahrens der Supervision professionell gestaltete Reflexionsprozesse bietet. Er kann das Team zielgerichtet begleiten, um – insbesondere auch in vorhandenen Unterschiedlichkeiten – Entwicklungsbedarf, Potenziale und Zukunftsimpulse für den beruflichen Alltag zu erkennen. So dient eine Teamsupervision der Optimierung von Arbeits- und Handlungsprozessen und gleichzeitig der Stärkung eines konstruktiven Arbeitsklimas und Miteinanders unter den Kollegen.

2) Spannungen – erkennbare Impulse für Veränderungen

Jeder zwischenmenschlichen Interaktion liegen individuelle Denk- und Kommunikationsmuster zugrunde, die durch ihre Unterschiedlichkeit für Reibungspotenzial sorgen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich bestehende und bewährte Rollen- und Aufgabenverteilungen neuen oder veränderten Bedingungen anpassen müssen. Solche Veränderungen erfolgen im Unternehmen nahezu permanent.

Ein gut aufgestelltes Team hat gelernt, mit kurz- oder langfristigen Veränderungen und den daraus resultierenden Belastungen positiv umzugehen. Auftauchende Spannungen können dabei als Indikatoren für erforderlich werdende Anpassungsmaßnahmen im Team oder im Unternehmenssystem nach innen wie auch nach außen verstanden und genutzt werden.

Konflikte werden im Allgemeinen als unangenehm empfunden und gern so weit wie möglich vermieden. Auch Teammitglieder wenden ihre Energie nicht selten dafür auf, strittige Themen zu meiden, um ein „weiter so“ in der Arbeit aufrecht halten zu können. Werden Teamkonflikte stattdessen „riskiert“, wahrgenommen und lösungsorientiert betrachtet, bieten sie offen thematisiert die Chance auf positive Veränderungen und die Optimierung von Arbeitsabläufen und Projektergebnissen.

Wie wichtig dazu konstruktive Dialoge über strittige Themen sind, zeigen die Konsequenzen, die bei einem Verzicht drohen: vorhandene Differenzen und festgefahrene Strukturen führen früher oder später zu Unbeweglichkeit, zu unnachgiebigen Haltungen im Team, zum „Untertauchen“ einzelner Teammitglieder und schließlich zum Stillstand. Aus Sicht des Unternehmens wäre dies eine risikohafte Entwicklung.

Der aktive Umgang mit Konfliktthemen ermöglicht, Veränderungsimpulse zu erkennen. Sie zu nutzen und richtungsweisend darauf einzuwirken, beugt „ungesunden“ Blockaden vor, erhält den Zusammenhalt ebenso wie die notwendige Flexibilität und hilft durch passende Lösungen, die Qualität der Zusammenarbeit im Team und die Unternehmensentwicklung nachhaltig zu sichern. Auch für solch konkrete Konfliktthematisierungen ist die Zusammenarbeit mit einem Supervisor oder auch einem Konfliktberater von Nutzen, weil er in geschütztem und zukunftsorientiertem Gesprächsrahmen einer Eskalation und Frontenbildung unterstützend vorbeugen kann.

3) Festgelaufene Teamkonflikte – Konfliktfolgekosten durch Mediation vermeiden

Die frühzeitige Wahrnehmung von Spannungen und insbesondere von verdeckten Konfliktsituationen, die niemand offen ansprechen mag, gelingt nicht immer. Kann deshalb die Chance, Schwachstellen eines Teams rechtzeitig anzugehen, nicht genutzt werden, bleiben Differenzen auf Sach- oder Beziehungsebenen verdeckt. Sie halten länger an, verstärken sich und können früher oder später zumeist als manifeste Konflikte die Arbeitsergebnisse des ganzen Teams beeinflussen. Ist dieser Punkt erreicht, sinkt die Arbeitszufriedenheit, während gleichzeitig das Maß der täglichen Kritik und des wahrgenommenen Drucks steigt. Schuldzuweisungen, Ausscheren aus der Verantwortung, Projektverzögerungen, hoher Krankheitsstand sowie letztendlich drohende oder ausgesprochene Kündigungen sind nur einige der bekannten langfristigen Folgen.

Die Konsequenzen ungeklärter Konfliktlagen auf Unternehmensseite sind mit gravierenden Konfliktfolgekosten verbunden. Wenn interne Gegenmaßnahmen zum Umgang mit vorhandenen Konflikten im Team nicht greifen, besteht deshalb dringender Handlungsbedarf. Eine strukturierte Konfliktklärung unter Hinzuziehung eines Konfliktberaters stellt in solchen Fällen für das Team eine effiziente Hilfe dar. In größeren Unternehmen bietet dazu ein häufig schon etabliertes Konfliktmanagementsystem Führungskräften und Konfliktbeteiligten die Möglichkeit, auf interne Mediatoren zuzugehen. Bestehen solche Voraussetzungen nicht, können externe Konfliktberater und Mediatoren das Team mit einem professionell gestalteten Konfliktbearbeitungsprozess unterstützen.

4) Teammediation – für gemeinsame Lösungen und Prävention sorgen

Die gemeinsame Konfliktbearbeitung von anhaltenden oder immer wiederkehrenden Konflikten in einer Mediation zielt zunächst zeitnah auf die Entwicklung tragfähiger Konfliktlösungen und Handlungsoptionen. Das Team soll wieder leistungs- und handlungsfähig werden, Konfliktkonsequenzen und Blockaden lösen und weitere damit verbundene Nachteile und Kosten vermeiden können.

Die Stärkung eigener Konfliktkompetenzen im Team ist ein über die konkrete Konfliktlösung hinausgehender Effekt einer Teammediation, der zukunftswirksam auch der Konfliktprävention dienlich ist. Wenn Teammitglieder lernen, ihre Differenzen anzuerkennen und als Anlass zur notwendig werdenden Auseinandersetzung beispielsweise mit Werten, Zielen, Aufgaben und Prozessen oder Beziehungen zu sehen, entwickeln sie eine neue Art im Umgang mit Konflikten und den damit verbundenen Emotionen. Das Erleben eines gelasseneren und kollegialen Verständnisses von Meinungsverschiedenheiten ermöglicht, in unterschiedlichen Positionen nicht nur Streitpunkte zu sehen, sondern auch die Chance auf alternative und neue Wege zu erkennen. Hieraus kann längerfristig gesehen die Befähigung erwachsen, in der Zukunft Konflikte sowohl rechtzeitig wahrzunehmen und offen anzusprechen als auch selbständig, gemeinsam und deshalb nachhaltig zu lösen.

Präventives Handwerkszeug, um auf Differenzen adäquat zu reagieren, kann das Team zusätzlich in Fortbildungen zur Verbesserung der Kommunikations- und Streitkultur sowie in speziellen Konfliktlösungsseminaren erwerben.

Fazit – Nur Mut zum Konflikt!

Konflikte in Teams werfen zweifelsfrei Probleme auf. Häufig können sie jedoch für die berufliche Zusammenarbeit und die gemeinsamen Arbeitsergebnisse eines Teams sogar förderlich wirken und konstruktiv genutzt gute Chancen zur Weiterentwicklung eröffnen. Denn werden Differenzen und Konflikte rechtzeitig wahrgenommen, wertgeschätzt und lösungsorientiert behandelt, ermöglichen sie das Umsetzen von wertvollen Veränderungsimpulsen. Gemeinsame Reflexionsprozesse, offene Konfliktthematisierungen und ein aktives Konfliktmanagement mit internen oder externen Konfliktberatern, Supervisoren und Mediatoren können diesen Effekt gewinnbringend fördern.

Sollten Sie für Ihr Team gezielte Unterstützung suchen, sprechen Sie uns an!

Wir stehen Ihnen im Rahmen einer Konfliktberatung, Teamsupervision oder Mediation für eine professionelle Konfliktbearbeitung in strukturierter und lösungsorientierter Weise gern zur Verfügung. Darüber hinaus unterstützen wir Führungskräfte und Teams durch Einzelcoachings, Seminare und Workshops zu Themen des Konfliktmanagements und der Nutzung mediativer Kompetenzen im Berufsalltag.

KategorieAllgemein, Unternehmen
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